Puzzle aus der Bibel:
Apostelgeschichte
Wenn man am Flughafen außerhalb von Tel Aviv landet, ist man schon mitten in der Apostelgeschichte. Der Flughafen ist nämlich in Lod, und Lod war das biblische Lydda. Dort hat damals die große Erweckung in der ganzen Küstenebene begonnen. Zuvor waren schon überall in Judäa, Galiläa und Samaria Gemeinden aufgeblüht und nun war Petrus unterwegs, sie zu besuchen, und der Herr tat große Wunder durch ihn. In Lydda wurde Äneas geheilt, der seit 8 Jahren gelähmt zu Bette lag. In Joppe (heute Jaffa) wurde Tabea, eine Jüngerin die plötzlich verstorben war, wieder zum Leben erweckt, und die Kunde verbreitete sich in der ganzen Ebene und brachte Scharen von Menschen zum Glauben an Jeschua. Das war damals nicht mit einem Austritt vom Judentum verbunden. Auch Jesus bewegte sich ja innerhalb der Ordnungen der Tora, er gewichtete sie nur gelegentlich anders.
Warum ging es nicht so glatt weiter?
Geschichte – Puzzles
Judenchristen verlieren ihre führende Rolle
65 begann der jüdische Aufstand gegen Rom. Als der Belagerungsring um Jerusalem gezogen wurde, erinnerten sich die Jünger an ein Wort Jesu und flohen nach Pella; und in der Folge machten sich die Apostel auf zur Missionierung entfernter Länder.
70 wurde der Tempel und ein Großteil Jerusalems zerstört.
90 Das erneuerten Judentum ohne Tempel, in dem vieles nun fest geschrieben wurde, ließ keinen Platz mehr für Jesusgläubige.
Ab 200 beginnen sich die Kirchenväter scharf gegen unbekehrte Juden zu wenden und stiften die Ersatztheologie, die den Juden viel Leid bringen und der Kirche Kraft nehmen wird.
325 gehen sie nun sogar gegen die jüdischen Christen vor: Bis dahin hatten die Nachfolger von Jakobus, dem Bruder des Herrn, als „Bischof von Jerusalem“ noch eine gewisse Autorität unter den Bischöfen. Zum Konzil von Nicäa werden die „Bischöfe aus der Beschneidung“ nicht einmal mehr eingeladen. Zwei Gründe scheinen dafür maßgeblich zu sein: Kaiser Konstantin wollte, dass der Bischof von Rom die Vormacht über die anderen Bischöfe bekommt, und: Bei diesem Konzil wird das Osterfest zeitlich verlegt, um „nicht den Gewohnheiten der Juden nachzufolgen“. „Judaisierende“ Christen, die den Sabbat halten, werden von da an verfolgt, auch mit Todesstrafe.
Kirchenbau in Palästina, erste Welle
Ab 330 Kaiser lassen Konstantin und seine Mutter Helena heidnische Tempel in christliche Kirchen umwandeln. Ein schwunghafter Handel und Kult mit Reliquien kommt auf. Das Staatskirchentum bringt eine Verflachung des Christentums mit sich und nimmt auch Heidnisches in sich auf. Helena legt in Palästina biblische Orte fest und lässt Kirchen erbauen.
Grabeskirche
Integration der Judenchristen, Araber, Kreuzritter, Türken
Es gab noch Gemeinden von Judenchristen, aber offenbar bauten diese keine Kirchen. Erst später scheinen sie sich nach und nach in die entstehende orthodoxe Kirche integriert zu haben. Palästina ist Teil des byzantinischen Reiches, in dem sich die orthodoxe Kirche ausbildet. Viele Pilger kommen, manche bleiben, auch noch nach der Eroberung durch die Araber 638.
Um 1000 herum: In einer radikal islamistischen Welle werden Kirchen und Klöster zerstört und Pilger ermordet.
1099 Die Kreuzritter erobern Jerusalem, schlachten Moslems und Juden ab. Orthodoxe werden zwangs-katholisiert.
1187 Rückeroberung Jerusalems durch Saladin.(In anderen Landesteilen bleiben die Kreuzritter noch 100 Jahre.) Saladin übt erst grausame Rache an den Christen, später Toleranz. Orthodoxe übertrumpfen wieder die Lateiner.
1517 – 1917 Türkische Herrschaft.
Die letzten Spuren der hebräischen Mutterkirche zu beiden Seiten des Jordan sind Gebetsbücher aus dem 16. Jahrhundert in aramäischer Sprache, dem Dialekt, der schon zu Jesu Zeiten im Land gesprochen wurde.
Danach verbreitete sich die arabische Sprache auch unter den Christen und den Juden im Land. Moslems, Christen und Juden lebten meist relativ friedlich nebeneinander.
Kirchenbau in Palästina, 2. Welle:
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es gesetzlich möglich, dass ausländische Nicht-Moslems Land erwerben. Es entstand ein Run von Staaten Europas und von Kirchen auf Positionen im Heiligen Land. Österreich ergatterte zum Beispiel das Postmonopol und seine Lloyd-Flotte kreuzte vor der Küste. Jede Gruppe baute Kirchen, Klöster und Herbergen – und bis heute sind nicht alle Streitigkeiten um „heilige“ Plätze unter ihnen beigelegt. Sie blieben bei ihren Sprachen und Traditionen.
Jüdische Pioniere und die „arabischen“ Christen
Die Einwanderungswellen eines neuen Typus von Juden, die nicht nur zum Beten gekommen waren, sondern um das Land zu kultivieren und für ihr Volk vorzubereiten, brachte natürlich Unruhe in die ansässige Bevölkerung des sehr schwach besiedelten, armen Landes, sogar unter der jüdischen, wie eine Oma in Katzrin erzählte. Ihre jüdische Familie war vor Generationen aus Syrien nach Zfat gekommen, man sprach arabisch, hatte ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn und fürchtete, was das Neue nun bringen würde. Die führenden christlichen Familien wollten dieses Neue, die landarbeitenden Juden im Land, gar nicht. Sie ahnten, dass ihre Vorherrschaft im Handel langfristig bedroht war, und sie waren wütend auf Gott, der ihnen die Juden vor die Nase setzt. Ja, anscheinend wurde da und dort dieses Geschehen mit den Worten der Propheten und deshalb mit Gott in Verbindung gebracht, aber nicht akzeptiert. Jedenfalls ließen sich die Christen ins nationale arabische Lager ziehen und wurden auch für die Propaganda verwendet. Auch die Westmächte rechneten sie dem Panarabismus zu, und allgemein spricht man von arabischen Christen und nicht mehr von arabisch sprechenden Christen, obwohl sie vom Volk her nie Araber waren.
Heute
Die Lage der Christen wurde unter palästinensischer Autonomie immer schlechter, je radikaler islamistisch die arabische Führung wurde. Im ganzen Vorderen Orient verschlechterte sich in den letzten Jahren die Lage der Christen dramatisch, gerade durch den „Arabischen Frühling“ und den syrischen Bürgerkrieg. Mit schlechter Lage meine ich Ermordung, Vertreibung, Enteignung, über die die Christenheit der Welt so ziemlich schweigt. Das einzige Land, in dem diese alteingesessenen Christen unbeschadet leben können, ist Israel. Das heißt nicht, dass die arabisch sprechenden Christen dort deshalb israelfreundlich sind. Aber es gibt etwas Neues, ganz neue Töne:
Brauchtum, Aktuelles:
Vor kurzem gab es eine Konferenz in Jerusalem, die sich als Beginn einer unabhängigen christlichen Stimme in Israel bezeichnet. Diese Priester werben dafür, dass sich die eingessenen Christen in die israelische Gesellschaft integrieren sollen, ganz entgegen dem Willen ihrer Kirchenführung. Dazu sollte auch der Militärdienst gehören, um mit den Pflichten auch alle Rechte zu haben. Einige Worte aus dieser Konferenz:“Es gibt solche, die uns an den Rand drücken und als Opfer eines Nationalismus sehen wollen, der nicht unserer ist, und eines Konflikts, der nichts mit uns zu tun hat. Unsere christlichen Wurzeln sind tief mit dem Land Israel verbunden. Wir wollen in Israel leben, als Brüder in Waffen und im Frieden. Die Zeit ist gekommen, dass wir unsere Pflicht erfüllen und unsere Rechte einfordern. Wir haben nichts gegen Araber, aber arabisch ist nicht unsere Identität.“ (Aus NAI) Von muslimischer Seite gab es Todesdrohungen, bis jetzt wurde aber „nur“ der jugendliche Sohn des Wortführers der Bewegung brutal attackiert.
Geistliche Aufbrüche bringen Einheit
Bis jetzt ging es vorwiegend um ein traditionell gewordenes Christentum, oft nur mehr ein Namenschristentum. Das Bild muss aber komplettiert werden. Schon in den Vierzigerjahren hatte es unter den orthodoxen Christen Glaubensaufbrüche gegeben, aus denen Gemeinden entstanden sind. Heute gibt es mehr und mehr auch evangelikale Christen im arabischen Lager. Nicht automatisch wird jeder bekehrte Araber zu einem Israelfreund, obwohl auch das vorkommt. Mit manchen muss Gott lange arbeiten, um ihnen zu zeigen, wie sie den Hass aus ihren Herzen reißen können und dass sie das tun müssen. Auch, dass sie Seine Pläne mit den Juden akzeptieren müssen. In dem Buch „Abrahams Kinder“ von Tom Hess erzählen viele von ihnen diese ihre Geschichte. Und manche palästinensische Moslems finden zu Jesus und manche treten danach an die Öffentlichkeit.
Das Faszinierendste daran ist: Der Herr Jesus gibt sich durch deutliche Zeichen, Wunder Erscheinungen und Träume in diesen Zeiten zu erkennen, sowohl radikalen Moslems als auch Juden und traditionellen Christen. Und es wachsen die Begegnungen untereinander und die Einheit in Jesus. Sie sind überzeugt: Frieden gibt es nur über ihn. Es ist eine ganz besondere Zeit, in der wir leben.
Judenchristen – messianische Juden
Christentum im Heiligen Land wäre nicht komplett ohne die messianischen Juden. Wir hörten, wie die Identität der judenchristlichen Mutterkirche verloren ging, aber jetzt ist sie wieder da. Juden, die heute und in den letzten Jahrzehnten zum Glauben an Jesus kamen, werden im allgemeinen nicht Angehörige einer der historischen Kirchen, sondern bleiben Juden, die an Jeschua (Jesus) glauben. Sie nennen sich „Messianische Juden“. Da das griechische Wort „Christus“ eine Übersetzung des hebräischen Wortes Maschiach (eingedeutscht Messias) ist, könnte man das mit „Judenchristen“ übersetzen; der hebräische Namen weist auf den hebräischen Ursprung des Christentums hin. Für uns spannt das Wiedererstehen der judenchristlichen Gemeinde einen interessanten Bogen zur Apostelgeschichte am Anfang des Artikels.